1. LSBTI*-WISSENSCHAFTSKONGRESS

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Enrico Ippolito

Immer noch borniert

Das Fallbeispiel schmerzt. Ilka Quirling, Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Asylrecht für transsexuelle Frauen aus Lateinamerika, beschreibt einen grausamen Fall. Der Asylantrag einer transsexuellen Frau wurde abgelehnt. Sie berichtet von einer Vergewaltigung durch mehrere Polizisten. Der Sachbearbeiter, der ihren Fall bearbeitet, verweigert ihr aber das Asyl, weil doch gerade in Lateinamerika bekannt sei, dass die Polizisten keine homosexuellen Neigungen hätten – und damit die Glaubwürdigkeit der Asylantragstellerin in Frage stellt.

Es sind Fälle wie dieser, die stellvertretend für die Denke der deutschen Behörden stehen. Die Professorin Elisabeth Tuider an der Universität Kassel, verdeutlicht noch mal den Werdegang der Migrations- und Integrationsgeschichte. In den 60er Jahren ging es bei den Gastarbeitern um Verständigungsprobleme. Die 70er standen im Zeichen der Defizite, des Andersseins. In den 80ern prägte sich das Anderssein weiter aus – aber eher als kulturdifferenzieller Ansatz. Und in den 90ern drehte sich alles um die doppelte Zugehörigkeit – ein Thema, das nach wie vor aktuell ist. Die Medien reproduzierten diese Ansätze, zeigten den gefährlichen „Türken“. Ein Migrationshintergrund soll demnach für eine Gewaltbereitschaft stehen. Über migrantische Frauen hingegen wurden und werden anders beschrieben – als ständig Unterdrückte.

Da die deutschen Behörden nach wie vor ein heteronormatives Weltverständnis haben, müssen die Asylantragsteller_innen ihnen Geschichten präsentieren, die diesen Bildern entsprechen. Andersrum wird Homosexualität oder besser die Anerkennung instrumentalisiert, denn an der Akzeptanz wird die Integrationswilligkeit der Asylantragsteller_innen gemessen.